Ohne selbst je in Marrakesch gewesen zu sein, hatte ich eine ungefähre Ahnung, wie es sich anfühlen könnte, wenn ich die „rote Stadt“ endlich selbst zu Gesicht bekäme. Esther Freud – die Urenkelin von Sigmund Freud – hat mir bereits vor 14 Jahren mit ihrem autobiografischen Buch „Marrakesch“ den Mund wässrig gemacht (im Übrigen auch verfilmt mit Kate Winslet) und einen Teil des Zaubers dieser Stadt schon damals in meinem Kopf verpflanzt.
Und jetzt? Jetzt stehe ich für ein Wochenende Marrakesch mitten auf dem Djemaa El Fna im Nebel und kann all das gar nicht greifen und erschnuppern, was da vor sich geht. Weniger als fünf Stunden bin ich (von Berlin aus) hierher geflogen und jetzt umringt von Schlangenbeschwörern, Henna-Malerinnen, Musikern, vom Duft verschiedenster Gerüche und jeder Menge Foodstände. Gern möchte ich jeden einzelnen von ihnen ausprobieren.
Wir verirren uns allerdings erst einmal in den Souks und feilschen um Lampen (würde ich mir mit Kindern eher sparen – ist nicht gefährlich – aber für Kinder womöglich ein bisschen öde) und andere Handwerkskunst, die zum Teil direkt vor Ort hergestellt wird, wie z.B. Tücher und Lederwaren. Hauptsache bunt. Meine Augen kriegen einen Farbenflash!
Übrigens: bevor ihr auf den Souks anfangt zu feilschen, könnt ihr auch im Ensemble Artisanal gleich um die Ecke vom Jeema el Fna vorbeischauen und Festpreise checken. Hier findet ihr viele Waren, die auch auf den Souks angeboten werden und ihr habt eine erste Preisorientierung.
Wer ein Wochenende Zeit hat, hier eine kleine Auswahl sehenswerter Ecken in Marrakesch – ich empfehle aber einen längeren Aufenthalt, dann hetzt ihr nicht so.
Koutoubia-Moschee
Sie ist das größte Gebäude der Altstadt, leider für Nicht-moslems nicht zugänglich (wie jede Moschee in Marokko), aber dennoch einen Blick wert. Insbesondere zum Sonnenuntergang – bzw. kurz danach zur blauen Stunde – ist die Stimmung auf dem Platz nichts anderes als: bezaubernd.
Die Medina
Die Altstadt Marokkos, die Medina ist von einer 12km langen Stadtmauer aus dem 12. JH eingefasst. Sie ist das Zentrum, das pochende Herz dieser farbenfrohen Stadt, traditionell und modern zugleich. Es gibt 11 Stadttore, das Schönste ist das Bab Aguenaou, aber auch das portugiesische Tor ist sehr beeindruckend.
Vor den Toren der Medina liegt der Hauptplatz der Stadt, auf dem abends das Leben tobt: der Djemaa El Fna. Hier einfach mal einen der Food-Stände ausprobieren, einen Orangensaft trinken und dann in die Souks eintauchen. Vom Café de France hat man einen Blick über den gesamten Platz. Achtung: lasst euch nicht einfach eine Schlange um den Hals legen, die wollen sofort Kohle sehen. Handeln ist aber möglich, kann aber auch schnell kippen in der Stimmung.
Die Medersa Ben Youssef
Die Medersa Ben Youssef mit ihrer fantastischen arabischen Architektur und den aufwändigen Wanddekorationen gilt heute als eines der wichtigsten Ziele in Marrakesch. Die frühere Hochschule für Koranstudien liegt als Quelle der Ruhe inmitten der Souks. Gegründet etwa Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Medersa im 16. Jh zur größten Hochschule für den Islam ausgebaut. In den oberen Etagen des Gebäudes wohnten die Koranschüler in kleinen Zimmern. Heute finden sich dort viele Sammlungen deren Schwerpunkt auf marokkanischer und islamischer Kunst liegt.
Wo: Kaat Benahid – Marrakesch
Öffnungszeiten: tägl. von 9-18 Uhr (ausser an religiösen Feiertagen)
Dar Yacout
Mitten in der Medina liegt das Dar Yacout in einer dunklen Gasse versteckt. Ist man erst einmal drin, schlägt der orientalische Charme wieder mit voller Breitseite zu. Die Architektur, die Einrichtung, die Musik und erst das orientalische Essen… ich fühle mich wie im Märchen von 1001 Nacht. In dieser über mehrere Stockwerke gehenden Location (mit Dachterrasse) könnte ich mir rauschende Nächte vorstellen…
Wo: 79 Sidi Ahmed Soussi , Bab Doukkala – Marrakesch
Öffnungszeiten: Di bis So zum Abendessen (ab 19 Uhr). Mo geschlossen
Jardin Majorelle
Klar, gehört auch auf die Liste: Einmal durch den Jardin Majorelle flanieren. Egal ob allein, mit Kindern oder ganz romantisch als Paar, ein paar ruhige Ecken lassen sich hier für eine Ruhepause immer finden.
1919 wurde der Garten – ein botanischer Garten mit mehr als 300 Pflanzenarten ganz ohne Dach – von Jacques Majorelle angelegt, berühmt ist er hauptsächlich wegen seines speziellen Farbtons: dem leuchtenden kobalt-blau. Yves Saint Laurent hat den Garten mit seinem Lebensgefährten gekauft und seine Asche nach seinem Tod dort verstreuen lassen.
Wo: Rue Yves Saint Laurent, Marrakech
Öffnungszeiten: tägl. 8:30 – 18 Uhr
Der geheime Garten – Gardin Secret
Vielleicht etwas weniger Hype, als im Jardin Majorelle ist der Secret Garten wirklich richtig alt: 400 Jahre hat er auf dem Buckel und wurde 2013 aus seinem Dornrößchenschlaf geweckt, renoviert und kann seit 2016 besucht werden. Eine weitere Oase der Ruhe im wuseligen Marrakesch. Wunderschön!
Maison de la Photographie
In vielen Fotos ist in der Maison de la Photographie die Geschichte und Kultur Marrakeschs dokumentiert. Ich war selbst leider nicht dort, habe mir aber sagen lassen, dass ein Besuch dort allein wegen der Dachterrasse sehr lohnend sein soll. Wieder ein Fluchtort vor dem Gewusel und Minztee gibt es im Café auf der Dachterrasse auch.
Wo: 46, rue Ahal Fes, Marrakesch
Geöffnet: 9:30 – 19:00
Menara Gärten
Das wohl berühmteste Postkartenmotiv Marrokkos ist der Menara-Pavillon am Wasserbecken. Wer selbst mal auf einem Postkartenmotiv lustwandeln möchte: hingehen. Hier herrscht wieder Ruhe und Entspannung.
Wo: Avenue de la Menara
Geöffnet: 8.30 – 18 Uhr
Für Frühaufsteher!
Sehenswert ist für uns Stadtkinder definitiv auch der Kamelmarkt. 5km ausserhalb der Stadt werden hier von den Bauern Esel, Pferde und manchmal auch noch Kamele feilgeboten.
Wo: Douar Lasskar
Wann: Donnerstags 6 Uhr bis 14 Uhr (morgens hingehen!)
Übernachten?
Zum Beispiel im Riad Bohemia. Es liegt unweit des Seret Gardens. Eine 45qm Suite gibt es hier ab 118 Euro die Nacht. Gleich um die Ecke vom Djemaa El Fna liegt das Riad Challa. Hier gibts die Nacht ab 116 Euro und sogar einen Pool und Spa-Bereich.
Es gibt unzählige Hotels und Riads in und um Marrakesch in allen Preisklassen. Ihr werdet mit Sicherheit fündig.
Und mit Kindern?
Steckt euch keine zu sportlichen Ziele. Nicht 50 Sehenswürdigkeiten am Tag, das funktioniert nicht mit Kindern. Kleinere Kinder sind vermutlich allein schon aufgrund der vielen Menschen und der für sie völlig fremden Kultur schnell übersättigt – auch mit meiner Chefin (8) würde ich hier eher weniger machen und öfter mal in den ein oder anderen Park flüchten. Macht langsam. Legt Pausen ein. Fast überall gibt es Minztee und Getränke für wenig Geld, viele Parks und Dachterrassen-Cafés laden zum pausieren ein. Und Hotels außerhalb der Stadt lassen einen ein bißchen runterkommen – mit Pool auch mal für einen Tag Pause.
Wissenwertes?
In Marrokko wird französisch gesprochen, in den Souks aber auch viele andere Sprachen – oft sogar flüssig. Mit Englisch und Handzeichen kommt aber jeder ganz gut durch :)
Die Währung sind Dirham. Handeln gehört hier zum guten Ton, wer aber hart verhandelt und einschlägt, sollte dann nicht mehr zurücktreten, das beleidigt den Händler. Wer shoppen will: Marrakesch ist ein Paradies für Handwerkskunst. Kommt mit einem leeren Koffer, es gibt wunderschöne Messinglampen, sehr schöne Ledertaschen und auch wunderbar farbenfrohe Tücher.
Auf keinen Fall!
Einfach alles und jeden fotografieren! Das mögen die Menschen gar nicht (auch aus religiösen Gründen – es geht hier um die Seele), ich hatte bei unserer Reisegruppe das ein oder andere Mal das Gefühl, sie glaubten wir wären im Zoo.
Auf dem Djemaa El Fna könnt ihr Fotos machen, aber meist nur gegen Bares – auch hier handeln – und auf keinen Fall einschüchtern lassen. Da kommt der Schlangenbeschwörer, der einen Kopf größer ist als ich, schon mal sehr nahe, aber ich bin dann eben lauter…
Lasst euch nirgends hinschleppen, wenn ihr nicht wirklich Geld bezahlen wollt – es kostet am Ende IMMER Geld, egal, was euer Gegenüber sagt.
Was ordentliches anziehen! Marokko ist ein islamisches und traditionelles Land. Es ist ignorant, hier mit Röcken, die auf der Hälfte des Hinterns aufhören, durch die Stadt zu latschen. Und auch Männer sollten nicht gerade in Shorts und Unterhemd durch die Stadt tigern.
Alles in allem lässt es sich als Tourist – auch als Frau – aber absolut problemlos durch die Stadt kommen, wenn man sich den kulturellen Gepflogenheiten zumindest ein bisschen anpasst. Marrakesch hat mich definitiv nicht zum letzten Mal gesehen.