Im Januar hatte ich es ja angekündigt, ich wollte den Schmöker FAIRreisen von Frank Herrmann lesen und euch natürlich darüber berichten. Ich habe es getan, nicht jedes Kapitel habe ich geschafft, aber durch den größten Teil habe ich mich durchgeackert.
Für mich als Reiseblogger spielt es natürlich schon eine große Rolle mit möglichst wenig Aufwand von A nach B zu kommen, gerade mit (kleineren) Kindern – alternativ mit möglichst viel Abenteuer, wenn die Zeit es erlaubt. Ich fahre also schon mal mit dem Auto von Berlin bis in die Steiermark, weil es mit dem Zug zu lange dauern würde und ich mehrmals umsteigen müsste. Fliegen nimmt sich zeitlich nicht viel und mit dem Auto bin ich vor Ort dann doch flexibler. Ich bin im letzten Jahr durchaus sehr viel geflogen und auch 2017 steht wieder ein Langstreckenflug an und ein paar kurze Fluggeschichten.
In einem Monat bin ich dann drei Tage über die ITB gerannt, um nach neuen Trends zum Thema Reisen zu gucken, zu netzwerken, neue Menschen kennen zu lernen, alten Kontakten die Hände zu schütteln und abends meine Füße rauchen zu sehen.
Und dann lag da dieses Buch FAIRreisen von Franz Herrmann aus dem Oekom-Verlag im Briefkasten. Es betitelt sich als Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen – und es hat in diesem Jahr (also 2017) den ITB- Buch Award gewonnen. Ausgerechnet!
Nachdem ich reingelesen habe, hatte ich ziemlich üble Laune, denn letztendlich läuft ein klimaneutraler und fairer Urlaub auf Camping hinaus – und zwar im Idealfall mit Zelt aus Blättern und Stöcken. Und zum Zeltplatz wird mit dem Rad gefahren.
Dürfen wir denn überhaupt noch wegfahren?
Skifahren? Wäre gestorben! Fliegen? Nun ja, die so genannte Achillesferse des Tourismus.
Kreuzfahrt? Niedriglöhne, schlechte Arbeitsbedingungen und lokale Anbieter haben keine Chance mehr (es gibt ja alles an Deck) – und da ist die Umweltverschmutzung noch nicht mit einbezogen.
Der Autor selbst ist in der Reisebranche ein alter Hase, er weiß, wovon er redet. Er reist selbst sehr viel – unter anderem war er als Reiseleiter unterwegs und faires und nachhaltiges Reisen ist sein Steckenpferd und jetzt möchte er es mir näher bringen.
Deswegen geht es im Buch nicht nur um’s mies machen der nächsten Reise, sondern um viel mehr. Neben der Aufgabe, uns die Augen zu öffnen, auf dass wir uns selbst einmal Gedanken zum Reisen machen, zeigt er auch die Geschichte des Reisens auf und die extremen Veränderungen, die allein in den letzten 60 Jahren stattgefunden haben. Beispiel, Kreuzfahrt: 1990 liefen nur drei Kreuzfahrtschiffe mit 1100 Passagieren den Hafen Rostock-Warnemünde an, heute sind es 175 Schiffe mit über 300 000 Passagieren. Auch in Hamburg hat sich die Zahl in wenigen Jahren mehr als verdreifacht. Und Venedig? Muss rund 650 Schiffsanläufe jährlich bewältigen.
Klimafreundlicher Urlaub auf dem Berg – geht das?
Meine ganz persönliche Achillesferse im Buch: BERGE haben ihr eigenes Kapitel. Und ihr wisst ja, Berge spielen für mich eine große Rolle. Schon mein ganzes Leben lang sind Berge im Sommer und im Winter eigentlich immer präsent – und wenn ich kann, dann bin ich dort.
Im Buch geht es um nicht so erfreuliche Berg-Themen: um touristische Aufrüstung, um Gletscherschmelze, um die letzte Schlacht im Skitourismus mit Schneekanonen und Wettrüsten. Alles Themen, die ich zugegebener Maßen immer wieder ins Unterbewusstsein verdränge, wenn sie denn vor Ort mal hochploppen.
Klimafreundlicher Urlaub am Berg – ist möglich, ein bisschen
Weil der gute Herr Herrmann mir natürlich nicht die Freude komplett verderben will, hat er im Buch gute Alternativen herausgesucht. Grinsen musste ich ein bisschen bei: Heliskiing und Vergnügungsfarten mit dem Motorschlitten sind tabu. (Ok, kein Problem) – aber natürlich helfen für einen klimafreundlichen Urlaub auch andere Tipps aus dem Buch:
- Anreise im Idealfall mit Bahn und Bus, vor Ort gibt es meist Skibusse, die einen dann direkt zum Skigebiet fahren, manchmal auch Hotel-Shuttles.
- Umweltfreundliche Skigebiete bevorzugen. Die lassen sich über mountain-riders.org im Eco Guide to mountain resorts finden, ausserdem auch be, eine Non-Profit Organisation aus Frankreich.
- Schneesichere Gebiete bevorzugen, im Idealfall die, die noch nicht auf Schneekanonen angewiesen sind, auch wenn es sich hier um keine Dauerlösung handelt. Zum einen erhöht sich der Druck auf das Ökosystem, wenn noch mehr Besucher zufrieden gestellt werden müssen, zum anderen werden auch diese Gebietet nicht mehr lange nur mit Naturschnee auskommen.
- Nicht jedes Jahr Skifahren, aber dafür dann länger vor Ort bleiben.
- Equipment: Es muss nicht ständig was Neues sein – egal ob Kleidung oder Ausrüstung. Die Skiausrüstung kann auch immer vor Ort ausgeliehen werden (oder wer unbedingt kaufen will, sollte seine Ausrüstung dann auch länger nutzen! Mehr Gewicht heißt aber auch mehr Spritverbrauch – ausser ihr fahrt mit dem Zug)
Ich hätte da auch noch ein paar eigene Vorschläge:
- Sucht euch klimafreundliche Hotels. Inzwischen wächst die Zahl und ich hatte euch zum Beispiel hier schon den Leitlhof vorgestellt, der das perfektioniert.
- Ein Skigebiet ohne Lift? Gibt es auch! Nämlich Mieming in der Nähe von Innsbruck. Hier wird Ruhe und Wandern groß geschrieben. Die Lifte wurden bereits 2011 abgebaut – jetzt gibt’s zwar Schnee und Urlaub pur, aber eben keine klassischen Skilifte. Schön!
- Ein Elektroauto mieten/kaufen. Nun gut, das ist noch etwas weit hergeholt, denn z.B. bei SIXT ist es nur in München und Frankfurt möglich, einen BMW i3 zu mieten. Und die Reichweite – nun ja, es wird nicht reichen. Auch einen Tesla gibt es (in Regensburg) zu mieten, allerdings sind die Preise ganz schön happig. Wer sich für den Kauf entscheidet…vielleicht wird der Ampera-E von Opel mit 500km Reichweite das Ding rocken – preislich liegt er wohl irgendwo zwischen 35 und 40T.
- Klimafreundliche Skigebiete findet ihr auch über Alpine Pearls und klimafreundliche Hotels auf Green Pearls.
Und jetzt? Reisen oder nicht?
Na klar werde ich weiterhin reisen – mir würde die Decke auf den Kopf fallen. Reisen bildet und holt uns und unsere Kinder aus dem Alltag. Wer viel (oder überhaupt) reist, kann sich dennoch mal den ein oder anderen Gedanken machen: Wie reise ich. Muss ich so reisen oder gibt es eine bessere Alternative? Fairunterwegs.org ist schon gar keine so schlechte Quelle.
Im Frühling ist unter anderem eine Reise in die Berge geplant. Mal sehen, wie nachhaltig ich sie gestalten kann – in einem Selbstversuch.
Das Buch FAIRreisen von Frank Herrmann könnt ihr für 19,95 Euro im oekom Verlag kaufen. 328 Seiten geballte Information.