In diesem Blog gibt´s eigentlich selten bis nie etwas persönliches. Natürlich nehme ich euch mit auf meine Reisen oder zeige euch sogar mal das Kinder– oder Schlafzimmer. Aber das ist für mich nichts persönliches. Es gibt tausende Schlafzimmer im Internet. Was macht da schon eines mehr oder weniger.
Ich schreibe nichts über meine Trennung vom Vater meiner Tochter. Vom Zusammenraufen. Von den Zerreißproben für alle. Vom Versuch, es allen Recht zu machen oder über meine Arbeitswelt. Hier ist meist alles: Friede, Freude, Eierkuchen. Denn im Prinzip kann ich sagen: Es geht mir gut.
Und dann lese ich heute morgen den Text von Jessika von Herz und Liebe über ihren Jobverlust und das Loch in dass sie fällt. Mich beschäftigt ihr Leben zugegeben schon eine ganze Weile (da sitze ich vor der Glotze und denke wieder über unsere letzte Konversation nach), denn die Wege von ehrgeizigen, festangestellten Müttern (in Vollzeit) scheinen ähnlich zu sein: Die Kinder sind im Weg!
Jetzt können die wieder kommen, die sagen, es würde doch gar nicht stimmen, das ist Quatsch, natürlich ist Job und Kind vereinbar. Und ich sage es noch mal: Job und Kinder sind nicht – oder nur sehr schlecht und vor allem nur mit Notfallnetzwerk – vereinbar.
Und auch diese Zeilen von Jessika zeigen mir, dass wir hier in diesem Land noch nicht so weit sind, auch wenn ich’s ehrlich gesagt nicht immer ganz verstehe, warum das so ist:
Bei mir kam damals alles zusammen: Erst die Trennung, dann die Insolvenz meiner damaligen Firma. Ich war also gezwungen, so schnell wie möglich einen neuen Job zu finden, denn wer gibt mir schon allein mit Kind eine neue Wohnung, wenn kein Job vorhanden ist. Durch das Leben als Paar war ich davon überzeugt, dass ich die 40-Stundenwoche locker auch alleine schaffen würde, schließlich ging das ja vorher auch.
Ich hatte mich da ordentlich verrechnet.
Wer morgens um 7:30 als erster in die Firma kommt wird nicht bemerkt. Wer die Mittagspause durcharbeitet wird ebenfalls nicht bemerkt. Wer allerdings ’schon‘ um 17:30 geht, weil die Kita um 18:00 schließt (und der Weg zur Kita 35 Minuten beträgt) und ja „Mama-Woche“ ist – der wird bemerkt. Garantiert. Und wer dann sein erstes Personalgespräch führt, in dem einem vorgehalten wird (von einer Frau), dass das vor dem Team nicht mehr lange haltbar ist, wenn ich immer früher gehen würde, der weiß, irgendwas läuft da nicht so wie geplant.
Wer schon auf der anderen Seite der Stadt in der S-Bahn hockte und sämtliche Kontakte in der Nähe der Kita durchtelefoniert hat, ob doch bitte noch jemand mein Kind aus der Kita abholen könne, ich schaffe es nicht vor halb7, das Meeting wurde für 17:15 anberaumt und mir angedroht: Wenn du jetzt gehst, brauchst du nicht wiederkommen.
Und irgendwann ging´s nicht mehr. Ich hatte meinen Job als Programmierer zwar noch, aber ich konnte nicht mehr schlafen. Ich stand unter Strom, ständig und immer. Frisch getrennt, Zukunftsangst und mein Hirn voller Zeitpläne. 6 Uhr aufstehen, Kind in die Kita, in die Arbeit rennen, arbeiten, Kind abholen, einkaufen, essen, Kind ins Bett bringen und danach noch meine freien Projekte abarbeiten … Hamsterrad. Wann habe ich eigentlich das letzte Mal mein Kind richtig angeguckt? Morgens um 4 lag ich hellwach im Bett, aus Angst zu verschlafen oder etwas zu vergessen. Ich plante den Tag, ich musste heute unbedingt noch einkaufen, der Kühlschrank war schließlich leer. War das Kind beim Vater, habe ich mir die Nächte auf Partys um die Ohren geschlagen, um nicht zu sehr allein zu sein, nicht nachzudenken.
10 Kilo habe ich in etwa 2 Monaten verloren. Dank Schlaflosigkeit, folgender Nierenbeckenentzündung und das war’s dann aber für mich. Ich bat in der Firma um meine Kündigung. Ging damit zum Arbeitsamt, schrieb einen Businessplan und habe mich selbständig gemacht. Das passierte zwischen September 2009 und Januar 2010. Und auch ich konnte gar nix dafür: Ich habe mich wegen der Kündigung geschämt, dabei ging die Idee von mir aus…
Jetzt sind fünf Jahre rum und klar, manchmal ist sie da noch, die Angst vor der Zukunft, schließlich gibt es auch mal schlechte Monate. Aber ich möchte es nicht mehr anders, denn so kann ich meine Zeit so einteilen, wie ich das brauche, meine Kinder „stören“ nicht mehr, denn so ziemlich 90% meiner Kunden haben selbst Kinder.
Und liebe Jessika, auch wenn der Weg jetzt gerade nicht mehr zu sehen ist und die Zweifel groß sind, in fünf Jahren wirst du wissen, dass du alles richtig gemacht hast! Davon bin ich überzeugt.