Bereits im letzten Sommer sind wir mit einem Airstream durch Südschweden gereist. Ein Airstream ist hierzulande noch eine echte Besonderheit und ich glaube, noch nie wurde ich so oft auf ein Gefährt angesprochen, wie auf unser 15 Meter Gespann, mit dem wir von Deutschland über Dänemark nach Schweden und wieder zurück gegondelt sind.
Der Airstream – mehr als nur ein Wohnwagen
Zugegeben, so ein Airstream ist kein Schnäppchen. Selbst die kleinste Variante für 2 Personen kostet bereits knapp 80.000 Euro. Gebraucht wird man etwa ab 20 T aufwärts fündig. ABER Leute: dieses Gefährt ist ein absoluter Traum. Zum einen sieht er natürlich einfach unglaublich schön aus – jeder wird in Handbarbeit hergestellt und die Innenausstattung bietet manchmal mehr, als die eigene Wohnung. Wer einen Airstream besitzt, benötigt theoretisch keine Wohnung (das ha uns ja Dr. Sheperd auf Greys Anatomy schon vorgemacht).
Die Innenausstattung ist zum einen so konzipiert, das auf kleinsten Raum viel unterzubringen ist. Überall Türchen und Schubladen für kleine Dinge, für Klamotten, für Tassen und Teller, für Besteck. Raum wird hier klug genutzt und auch so, dass während holprigen Fahrten nichts herumfliegt – und klar, wer handwerklich etwas Begabung an den Tag legt, hat natürlich die Möglichkeit, seinen Airstream so umzubauen, wie er es gerne möchte. Am Start ist nicht nur ein Vierfach-Gasherd, auch ein Gasofen ist dabei, ein Kühlschrank (läuft über Strom am Campingplatz oder über Gas während der Fahrt oder beim wilden Camping), eine eigene Dusche, klar, auch ein Klo, Heizung oder Klimaanlage für warmes Wasser, ein großer Wassertank, Radio und eine Satellitenanlage, die es möglich macht, überall die heimischen Lieblingsprogramme zu gucken.
Wer mit Kindern verreist, hat beim großen Airstream – dem Flaggschiff – auch die Möglichkeit, die gemütliche Sitzecke in ein Bett umzubauen. Damit können auf jeden Fall locker vier Leute im Airstream schlafen.
Die Airstreams für europäische Straßen sind übrigens etwas schmaler als die amerikanischen Kollegen. Statt 2,5 Meter reicht es hier für 2,3 Meter (ausser das Flaggschiff, das ist auch schon 2,5 Meter breit). In der Länge stehen sie ihnen nichts nach. Der Größte, also der, mit dem wir unterwegs sind, ist 8,25 Meter lang – mit dem VW Amarok vorne dran waren wir damit bei über 15 Meter! Fahren darf das Gespann übrigens keiner mit einem B-Führerschein (der alte „Dreier“ aber schon). Das Roka-Werk bietet Führerscheinkurse an, ein Wochenende lang und schwupp, dürft ihr mit dem großen Gespann dahin fahren, wohin ihr wollt.
Ein paar Mankos? Haben wir gesucht, aber eigentlich gibt es keine. Einzig ärgerlich, aber das liegt natürlich dann an einem selbst: Es ist extrem pfleglicher Umgang gefordert. Wer beispielsweise den Schlüssel in der Tür stecken lässt und die dann aufschlägt, hat im schlechtesten Fall sofort eine Delle oder einen Kratzer am Wagen, das gilt natürlich auch, wenn man an irgendetwas entlang schrammt. Und ich glaube, wer sich so ein teures Teil vor die Tür stellt, der ärgert sich mächtigst über sich selbst, wenn er die erste Delle entdeckt.
Airstream – schmutzige Fakten
Wer sich einen Airstream zulegen will, der will natürlich wissen, wie er so ausgestattet ist. Und ich sag mal so: er hat ein paar luxuriöse Ausstattungsmerkmale, die auch bei 8,25 Metern sehr nützlich sind, einige davon sind optional (auf der Preisliste findet ihr alle wichtigen Infos was alles möglich ist):
– um einen Airstream ordentlich einzuparken, ist der EasyDriver als Rangierhilfe wirklich großes Kino (da bleiben alle stehen und gucken zu, haha)! Selbst wenn es mal hart auf hart kommt (z.B. die Ecke in einer Kleinstadt einfach viel zu eng), lässt sich der Airstream zackig vom Auto abkoppeln und per Fernbedienung mit dem easydriver bewegen, ohne ein paar Menschen als Schiebehilfe nutzen zu müssen (die dann womöglich nur eine Delle reindrücken könnten!)
– Der Sommer im letzten Jahr war ja sehr, sehr heiß, durchaus waren wir froh, eine Klimaanlage dabei zu haben, auch wenn der Airstream trotz Glitzermaterial so abgeschirmt ist, dass er sich nicht aufheizt, nur weil die Sonne draufballert. Im Airstream war es immer angenehm kühl – und die Klimaanlage lief nicht oft.
– Bock auf autarkes Campen über mehrere Tage? Absolut! Hilft da sehr: die Aquaroll. Das ist ein 45l Wasserkanister, der nicht wirklich getragen werden muss, weil, ich kann ihn rollen. Ich wurde ungefähr 4893842 Mal nur auf diese Aquaroll angesprochen. Ausgenommen praktisch zum Wasser holen und ein zusätzlicher Wasserspeicher. Für’s Dreckwasser gibt es den Wastemaster – ebenfalls rollbar.
– Abspülen ist ja immer so ein notwendiges Übel. Keiner hat Lust, jemand könnte aber mal, irgendwer tut es dann – meistens den ganzen Urlaub lang. Es gibt den Airstream aber auch mit einer kleinen Spülmaschine. Quasi: wenn schon, denn schon!
– Regen? Kann ja mal passieren. Im großen Airstream ist das auch mit zwei Kindern nicht ganz so schlimm, denn: 2 Seiten, 2 Betten, ZWEI Fernseher. Einen für die Großen und einen für die Kleinen – kein Streit ums Programm. Wobei das Problem mit älteren Kindern ja sowieso immer kleiner wird.
Airstrem Bling Bling – wohin? Egal!
Klar, campen geht anders. Isomatte, Gaskocherchen, Plastikgeschirr und abgespült wird neben den Toiletten. Der Sand ist in allen Ritzen.
ABER: Glamping hat auch was. Und so ein Airstream ist unglaublich romantisch, vor allem abends, wenn die Außenbeleuchtung glitzert. Und ja, für eine Schwangere im 8. Monat habe ich mich da auch deutlich wohler gefühlt, als auf einer Isomatte. Ohne Witz: Drei Wochen bin ich um dieses Teil herumgegangen und habe mich immer wieder gefreut, ihn zu sehen. Einfach weil er so unglaublich schön ist. Am Schönsten übrigens am Meer, mit unverbautem Stellplatz. Das ist aber im Süden Schwedens leider eher eine Seltenheit im Sommer, da ist häufig eher Wohnwagen-Marzahn angesagt.
Wir hatten aufgrund unserer Größe (und aufgrund unseres Wunsches) häufig einen Stellplatz weit weg von den Toiletten (und ehrlich gesagt auch gern weit weg wegen des Geruchs). Das hätte aber nachts oft bedeutet, über den halben Platz zu laufen – musste ich aber nicht. Abspülen? Konnte ich direkt nach dem Essen – ohne das Zeug noch irgendwo hin zu schleppen. Und natürlich klappt das eben auch autark. Und keine Sorge, das Abwasser landet nicht im Boden, dafür gibt es nämlich den so genannten Wastemaster, der fängt das Schmutzwasser. Das kann dann – wie die Toilette auch – an dafür vorgesehenen Orten entsorgt werden. Generell ist es aber sowieso lobenswert, wenn das Spülmittel jetzt eher aus dem Bioregal kommt.
Drei Wochen Airstream – ein Fazit
Drei Wochen durften wir den Airstream unser Zuhause nennen. Es war eine tolle Reise – aber auch sehr anstrengend. Wer das erste Mal mit Wohnwagen unterwegs ist, dem sei gesagt: Plant die Etappen nicht zu lang, insbesondere nicht mit Kindern und Rücken geplagten Schwangeren. Sucht im Vorhinein Alternativen, wenn die Strecke doch zu lang ist. Es gibt z.B. auch diverse Apps für Wildcamping, was mit Sicherheit eine tolle Sache ist – checkt vorher die Technik, damit ihr am Ende nicht auf Strom angewiesen seid, sondern mit dem Generator über die Runden kommt. Meidet im Sommer Orte, an denen es sowieso voll ist. Dann ist es wie in einer Plattenbausiedlung. Jeder hört jeden, jeder sieht jeden und irgendwie bleibt da nicht mehr viel Romantik übrig – und kein Platz für Fotos is auch nich.
Ich habe mich – wie schon geschrieben – immer wieder über die Schönheit des silbernen Lieblingsteils gefreut. Und ein bißchen wehmütig war ich, als ich ihn wieder abgeben musste. Seither suche ich sporadisch immer mal wieder nach Angeboten (auch wenn ich mir nicht mal einen gebrauchten Airstream leisten kann).
Allerdings waren wir auch froh, nach drei Wochen wieder in unserem eigenen Bett zu schlafen. Eine Tür schließen zu können. Denn das war wohl für uns vier die Größte Herausforderung: drei Wochen in einem Raum. Das muss man erstmal können!
Ihr wollt auch in einem Airstream Urlaub machen?
Einen Airstream leihen könnt ihr euch inzwischen auch in Deutschland. Oder ihr reist nach Italien oder Frankreich, dort gibt es ebenfalls Stellplätze mit fest verbauten Airstreams. Und in Jena gibt es ebenfalls einen Airstream Campingplatz. Ein bisschen was dazu erfahrt ihr auch am Ende des Artikels über unsere Reise nach Südschweden.
Für die Transparenz: Der Airstream und der VW Amarok wurden uns für die Reise freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Sämtliche Reise-, Fähr- und andere Kosten haben wir selbst getragen.