{road trip} – Bedeutung: lange Autofahrt, lange Betrachtung von Sehenswürdigkeiten von einem Auto aus.
Das klingt nicht nur in meinen Ohren so gar nicht nach Urlaub. Zu viert im Auto zusammengepfercht wie ein Tourist aus Nippon Pasta, Pisa und Panna Cotta genießen? Mit einem Kind an Bord, das sich bei langen Fahrten wie ein Leichtmatrose an Bord eines kleinen Kutters auf hoher See fühlt? Und einem Kind, welches das Sitzenbleiben am Frühstückstisch gerne der UNICEF als Kindesmisshandlung melden möchte? Skepsis macht sich ganz schön breit. So viel vorab.
Den Familienkombi mit der Dachbox verschönert (und den Cw-Wert auf das Niveau einer Schrankwand katapultiert) und bis auf die letzte Ritze vollgepackt, fahren wir am Freitag um 22 Uhr von Berlin Richtung Süden los. Glücklicherweise durfte ich neun Tage am Stück durcharbeiten, wovon die letzten fünf mit einem Frühdienst aufwarteten. Das macht fit für eine Nachtfahrt! Trotz Mittagsschlaf gebe ich dankend das Steuer nach nur zwei Stunden Fahrt durch die Dunkelheit ab, Dani freut sich. Auf der A9 kurz hinter München ereilt uns in den frühen Morgenstunden unser einziger Stau im ganzen Urlaub – Ferienbeginn südlich des Weißwurstäquators.
Wir verlieren nur eine halbe Stunde unserer kostbaren Ferienzeit und fahren bereits gegen 10 Uhr am Morgen durch enge, mit Touristen gefüllten Gassen der Altstadt von Sirmione am Gardasee.
Das Hotel Broglia hat für uns zwei gemütliche Zimmer hergerichtet. Der Charme der sechziger Jahre wabert durch das ganze Haus, was durchaus reizvoll ist (Ach hätte ich doch Doris Day und Peter Alexander in meiner Playlist).
Wir fühlen uns sofort wohl und herzlich willkommen. Die Kinder nehmen ihre beiden von den Großeltern gesponserten Mega-Wasserpistolen und erobern den Pool, während sich die durch die Nacht gebeutelten Piloten ein Stündchen aufs Ohr hauen.
Das Hotel liegt im nördlichen Zipfel der in den Gardasee reichenden Landzunge, noch hinter der stark frequentierten Altstadt mit dem Castello Scaligero, so dass es angenehm ruhig ist. Die nächsten zwei Nächte verbringen wir hier und kommen so schnell in Urlaubsstimmung. Nach Pool, Eis, Pizza, Eis, Fisch, Eis, Pasta, Eis und Eis machen wir am nächsten Tag einen Ausflug zum nahe gelegenen Verona.
Knapp eine Stunde brauchen wir um die als Weltkulturerbe anerkannte Stadt zu erreichen. Am Wochenende kann in der Innenstadt kostenlos geparkt werden, in der Woche will dann der Parkautomat gefüttert werden. Es gibt auch drei große, zentral gelegene Tiefgaragen, die innerhalb der Woche jegliche nervige Parkplatzsuche unnötig machen – den zu zahlenden Aufpreis ist es allemal wert.
Verona hat nette Gässchen, tolle Plätze und jede Menge Geschichte zu bieten. Nicht zu vergessen den originalen Balkon von Shakespeares Julia und ihre Grabstätte, Shoppingmöglichkeiten, die jede Kreditkarte zum Glühen bringen können und natürlich die Arena. Das letzte Mal stand ich hier im strömenden Regen und feierte mit Wein aus Pappbechern trinkend den Auftritt von Jamiroquai. Jetzt brennt die Sonne auf uns nieder und die aufgebaute Bühne wartet auf die Inszenierung von Giacomo Puccinis „Turandot“. Alles lässt sich erlaufen, auch mit den seltsam kurzbeinigen Kids. In Kombination mit einem ausgiebigen Essen in einer der vielen Osterien laden zwei Espressi doppio die Akkus der Erwachsenen wieder auf. Bei Kindern wird dieser bauartbedingt durch Eis ersetzt.
In der Mittagssonne bietet sich der Besuch der Basilica di San Zeno Maggiore an der Piazza San Zeno am Rande der Altstadt an. Diese große romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert mit ihrem Glockenturm sowie dem großen Rundfenster der Fassade zählt wohl zu den schönsten Kirchen Italiens. Wer keine Zeit für den langen Kreuzgang und die fantastischen Bronzetüren hat, dem empfehle ich die etwas zentralere Kirche Sant‘ Anastasia. Von außen unscheinbar überrascht sie mit prächtigen Deckenmalereien. Schatten und Ruhe spenden aber beide.
Nach unserer Rückkehr in Sirmione ist der Poolbesuch obligatorisch. Nach einem dekadenten Abendessen in der Osteria al Torcol (unbedingt reservieren!) an einem lauen Sommerabend sind wir bereit, den zweiten Teil unseres Roadtrips zu „erfahren“. Und unserem großen Ziel Sardinien etwas näher zu kommen.