Die Fotos, die wir von den Malediven kennen und die natürlich auch wir während unseres Urlaubs auf den Malediven gemacht haben, sehen eigentlich immer gleich aus: Palmen, feiner Sand, türkises Wasser, alles super, alles sauber, alles total honeymoon, rosarote Brille, tätärä und überhaupt. Ich habe lange überlegt, wie ich die Geschichte hier aufziehe – und ob überhaupt und vor allem als erstes?! -, denn natürlich will das nicht unbedingt jeder lesen und schon gar nicht sehen. Eventuell hast du gerade deinen Urlaub auf den Malediven gebucht? Wer in den (teuren) Resorts übernachtet, sieht auch selten etwas davon, ist also nicht so schlimm…
Und auch ich war da ziemlich blauäugig. Einziger Hinweis auf ein klitzekleines Müllproblem auf den Malediven ist oftmals ein kleiner Zettel, auf dem steht, dass wir doch bitte unseren mitgebrachten Müll wieder mit nach Hause nehmen sollen.
Allet schicki auf Kurumba
Unsere ersten fünf Tage haben wir auf der Resortinsel Kurumba verbracht. Wenn ich hier mal eine Plastikflasche am Strand entdeckt habe, war ich irritiert und dachte: Warum schmeisst ihr Touristendeppen euren Müll nicht einfach in den Mülleimer. Aber das war eher die Ausnahme. Ausserdem punktet Kurumba damit, dass sie selbst sehr viel recyclen, Kurumba besitzt eines der umfassendsten Resort-Recyclingzentren auf den Malediven. Zum Beispiel werden Glasflaschen zerkleinert und mit Zement vermischt, Metall wird verkauft oder an Recyclingfirmen geschickt, ebenso wie Plastik und Karton. Es gibt eine riesige Gartenanlage mit einem mörderisch großen Kompost und auch einen eigenen Garten, in dem mit Kompost gedüngt wird (Das alles können sich Besucher mehrmals pro Woche auf einer Führung ansehen).
Zwischen den Villen stehen inzwischen Solaranlagen, die die Dieselgeneratoren unterstützen.
Aber manchmal reicht das eben nicht. Die Malediver sind einfach dazu gezwungen, ihren Müll möglichst schnell zu beseitigen, denn die Inseln sind klein. Es gibt verschiedene Inseln, auf denen Müll verbrannt wird, eine ist von Kurumba aus auch zu sehen, der Rauch zieht über Male und ich frage mich: ob das so gesund ist für die, die in Male leben?
Müll am Strand von Dhiffushi
Während also auf Kurumba jede Menge dafür getan wird, dass die Gäste keinen Müll zu Gesicht kriegen und der eigene ökologische Fußabdruck möglichst klein gehalten wird, bietet sich uns auf der Einheimischeninsel Dhiffushi ein komplett anderes Bild. Auf der Insel gibt es mehrere Strände, einen nutzen wir als Gäste (Freitags und Samstag gemeinsam mit den Einheimischen) und auch hier zeigt sich schon ein erster Unterschied: Im Wasser liegen vereinzelt alte Tüten, Mopedreifen und anderer Kleinscheiß, der Strand ist aber relativ sauber (klar, hier gibt’s auch keine Angestellten, die jeden Tag den Strand säubern). Auf unserem Weg durchs Dorf bin ich dann aber geschockt. Der Strand dort – der viel größer und schöner wäre – ist voll mit Müll. Er ist quasi nicht nutzbar, weil überall Plastikmüll, Flaschen und – tschuldigung – Scheiß rumsteht. Nicht, dass die Einheimischen hier quietschfidel vor aller Augen planschen würden – und Gäste schon gar nicht – aber ohne Schuhe kann ich dort nicht mal durchlaufen, denn überall liegen scharfe kleine Plastikteilchen zwischen Scherben, Schnüren, Draht und anderem Müll rum.
Erstaunlich: Jede Hütte hat neben den obligatorischen Schlappen auch eine Schubkarre vor der Haustür und im Dorf selbst ist es klinisch sauber. Es wird ständig gekehrt und aufgeräumt und für Ordnung gesorgt und gehört z.B. auch schon als Schüler zum Tagesablauf dazu. Der Schulhof muss ordentlich sein. Und ich habe zuerst nur noch weniger verstanden, warum der Strand so aussieht…
Versteht mich nicht falsch, ich komme also aus meinem piefigen Deutschland erst einmal auf eine klinisch saubere Insel – eben das Paradies aus dem Katalog – und lande dann auf der ersten Einheimischeninsel und frage mich: Was ist denn da los? Wo bin ich denn hier gelandet? Klar, auch hier gibt’s gepflegte und so schöne Strände (z.B. einfach auf die gegenüberliegende Seite der Insel gehen. Fünf Minuten Weg, andere Welt), aber ich habe eben zuerst den Dorfstrand gesehen und damit entsteht ein erstes Bild, bis dir jemand sagt, warum das so aussieht, wie es aussieht.
Ich habe Muba kennen gelernt. Muba ist halber Franzose (sein Vater ist der Ingenieur auf der Insel) und hat seine Kindheit auf Dhiffushi und in Frankreich verbracht. Er hat in Frankreich studiert, ist aber irgendwann aufgrund von Heimweh zurück nach Dhiffushi. Hier lebt er jetzt mit seiner Frau und zwei Kindern (und seinem Vater) und arbeitet unter anderem im Gemeinderat. Er versucht, seiner Insel, also Dhiffushi, einen guten ökologischen Fußabdruck zu verschaffen, was nur langsam gelingt, denn die Möglichkeiten sind teuer, die Gelder aber begrenzt.
Ich habe Muba gefragt, warum das Dorf so sauber ist, sich aber scheinbar niemand um den Strand kümmert. Seine Antwort war sehr frustriert: Sie hätten den Strand erst vor einer Woche sauber gemacht. Das ist quasi eine Art Event, an dem fast alle teilnehmen. Strand saubermachen. Aber: es dauert keine drei Tage, dann spült der Ozean schon wieder so viel Müll an, dass es so aussieht, als hätten sie gar nicht erst aufgeräumt. Und that’s it. So einfach. So schmutzig.
Und was ist jetzt mit den Traumstränden der Malediven?
Klar, das Plastikproblem ist nicht neu, aber mir hat es – blauäugig wie ich bin – noch nie jemand so deutlich und direkt vor Augen geführt wie dieser Strand. Die Bewohner von Dhiffushi haben gar keine Chance auf einen sauberen Strand, weil jeden Tag Plastikscheiße (und anderer Müll) angespült wird, die irgendwelche Penner anderswo ins Meer schmeissen (entschuldigt die Wortwahl). Völlig egal, wie viele Schubkarren vor ihren Häusern stehen.
Sie werden weiterhin ihre Clean Up Days durchführen, für Unterstützung ihrer Einheimischeninseln plädieren und den eigenen Fußabdruck verändern. Eben das tun, was sie können. Muba „baut“ übrigens seine eigenen kleinen Korallenriffe „an“. Denn auch die haben auf den Malediven gelitten, allein 80% sind zwischen 1998 und 1999 einfach eingegangen, weils zu warm war. Und natürlich ist inzwischen so ziemlich allen Inseln – egal ob Ressort oder Einheimischeninsel – bewusst, dass sich umwelttechnisch etwas ändern muss. Sie bleiben dran.
Und auch Besucher können helfen, zum Beispiel, indem wir erst gar nicht so viel mitbringen. Shampoo, Seife, Zahnpasta gibt´s in den meisten Resorts sowieso. Wer auf seinen eigenen Krempel nicht verzichten will, nimmt ihn am Ende der Reise bitte wieder mit. Auch leere Tuben!
Und auch zu Hause gibt’s diverse Möglichkeiten auf Plastik zu verzichten, angefangen bei Jutesäcken statt Plastiktüten und unverpacktem Obst, statt Plastikschale.
Problem Plastik in knapp 5 Minuten zusammengefasst
Zum Ende dieses Beitrags: Der fast fünf Minuten lange Film ist eine Abschlussarbeit von Andreas Tanner. Der 25-jährige ist InformatikStudent und hat sich intensiv mit dem Thema Plastik befasst und es für „Normalos“ sehr gut verständlich in seinem kurzen Film dargestellt:
It’s a plastic world – German from Andreas Tanner on Vimeo.
Das nächste Mal gibt’s dann wieder rosarote Brillenfotos aus Kurumba und Dhiffushi! Und warum ihr dort unbedingt mal Urlaub machen solltet, verrate ich euch natürlich auch. Eine erste Bildergeschichte zu Malediven mit Kindern findet ihr hinter’m Link.