Eine zünftige Watschn

Als ich klein war, kassierte ich neben Hausarrest auch noch die ein oder andere zünftige Watschn. Ich weiß noch, wie das im Kopf nachhallte und wie froh man war, wenn der Schmerz nachließ. Man hatte keine Möglichkeit sich als Zwerg davor zu schützen oder zu sagen, lass das doch, das tut mir weh. Das gehörte schließlich zur Erziehung. Irgendwie.

Heute ist das alles ein wenig anders, wir tragen unsere Kinder auf Händen und fühlen uns schon mies, wenn wir sie mal nicht das machen lassen, was sie wollen. Irgendwie. Aber eine Watschn oder irgendeine andere Form von körperlicher Gewalt sind auf jeden Fall tabu. Oder?

Gestern im Zoo begegneten wir einer – nennen wir es – überforderten Mutter, die bereits fünf Minuten nach Betreten des Zoos ihr Kind am Arm hinter sich her zerrte und es anschrie, was das soll, sie wären doch gerade erst gekommen. Natürlich guckten schon eine ganze Menge Leute, kompensiert hat sie das für sich mit „Guck mal, die denken jetzt alle, du bist verrückt.“
Bereits hier schluckte ich eine bissige Antwort hinunter, geht mich ja schließlich nichts an, ist ja nicht mein Kind.

Wir also durch den Zoo, Viecher geguckt, gestaunt, gelacht, aaaaah (Löwe) und ooooh (Flusspferd) und uiiiiiisüüüüüß (Wüstenfuchs) von uns gegeben und auf dem Rückweg noch ein Eis geschlürft und ein fauchendes „Kommst du jetzt gefälligst her. Sofort!“ gehört. Und da war sie wieder. Die gute Frau vom Eingang schrie ihrem einige Meter entferntem Kind hinterher. Und als er dann kam, ja, langsam, aber er hörte, stand er vor ihr, sie sah ihn an und dann gab sie ihm eine Ohrfeige. Mir fiel fast das Eis aus der Hand und die Überforderung setzte sofort ein.

„Die schlägt ihr Kind“ brachte ich noch raus, worauf hin sich meine anderen Begleiter alle umdrehten und der Jüngste sofort die Initiative ergriff. Hingehen müsse ich, etwas sagen, Jugendamt und so weiter. Und ich stand da und rang mit mir. Natürlich hingehen oder doch nicht? Was sag ich ihr? Man schlägt kein Kind? Auch nicht das Eigene? Krieg ich dann auch eine ins Gesicht? Fünf Minuten stand ich wie angewurzelt nicht mal zwei Meter entfernt dieser Dame, die entspannt auf der Bank saß, während ihr Kind wie am Spieß schrie und unternahm genau….gar nichts.

Der Jüngste wirkte – zu Recht – etwas enttäuscht, ich verließ mit einem mulmigen Gefühl ein großer Feigling zu sein, den Zoo und beschloss: Das nächste Mal, das nächste Mal sag ich gleich was. Sonst hab ich schließlich auch eine große Klappe.

Wie ist das bei euch? Reagiert ihr in solchen Situationen? Geht ihr hin? Ignoriert ihr solche Szenen? Oder findet ihr, die Ohrfeige gehört halt immer noch irgendwie dazu?

  1. Hmm… ein schwieriges Thema. Da teilt sich die allgemeine Meinung in:
    – „Aus uns ist ist ja auch was geworden und so eine Backpfeife hat noch niemanden geschadet“
    – „Man haut nicht ins Gesicht!“
    und „Hauen tut man gar nicht!“ (O-Ton an den Sohn).

    Ich würde es als persönliches Versagen empfinden, wenn mir dies passieren würde. Ich versuche in solchen Momenten Gedankenordnung durch räumliche Trennung plus Kaffee zu erzeugen.
    Naja, aber auch hier kann man argumentieren: So ein Schmerz geht schnell vorbei aber eine Stunde Zimmerarrest strapaziert ein Kinderseelchen?

    Unser Spiel: Wir streiten, Kind geht ins Zimmer, ich mache mir einen Kaffee und trinke ihn dann im Kinderzimmer nach ausgiebigem „Alles ist wieder gut!“.

    Und ich glaube ich würde zu der Mutter nicht hingehen, denn was mag das geschlagene Kind in so einem Moment empfinden?

  2. Bei mir ist das schon automatisiert – meist reagiere ich, bevor ich denken kann ;)
    Ich hab mich schon ein paar mal eingemischt – nicht immer – aber immer öfter und so gut ich konnte – dabei wurde ich auch schon übel bedroht, und das bleibt auch ein paar tage im gedächtnis… – aber im Endeffekt weiß ich ja, dass ich im Recht bin.
    Vermutlich habe ich nichts damit besser gemacht – denn auch wenn die schlagenden Eltern darüber nachdenken, machen sie es danach höchstens nur nicht mehr in der Öffentlichkeit… aber ich bin zu impulsiv bei solchen Sachen.
    Ich kann die Welt nicht retten, aber ich kann laut dagegen protestieren…

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